Freitag, 20. Mai 2011

Hoch hinaus, atemlos und kalt = Don't cry for me Argentina !

Auf den dringenden Rat unseres Porteño-Freundes Matías hin (Porteño=Buenos Aires-Einwohner), verschlug es uns also noch eine Woche in den Norden Argentiniens, der auch unter dem lustigen Namen Jujuy bekannt ist...Diese Gegend ist mit Doerfern besiedelt, die Namen wie Humahuaca, Purmamarca und La Quiaca tragen..."Wo es lustige Namen gibt, muss es auch lustige Menschen geben!", dachten wir uns und machten uns mit einem Jauchzen,das doch sehr dem Namen der Gegend glich, gut ausgeschlafen nach unserer Luxushotelnacht auf den Weg nach Salta. Da es im duennbesiedelten Nordargentinien mit den Couchsurfern nicht so recht zu funktionieren schien, liessen wie uns in Salta in einem Hostel nieder (Das wir zumindest auf Empfehlung eines Couchsurfers ausgesucht hatten). Wir waren gar nicht mehr daran gewoehnt, dass das Fruehstuck "im Preis mit enthalten" ist und wir uns nicht wie sonst auf die Suche nach einer Feria de verduras y frutas zu machen brauchten. Doch das war die kleinste Veraenderung, an die wir uns gewoehnen mussten. Von 43 Meter uber Normal Null in Asunción verschlug es uns auf 1190 Meter die Salta ueber dem Meeresspiegel aufragt! Mit der Sonne am Tage, war der Unterschied kaum zu spueren, doch nachts bildete der Atem weisse Woelckchen...Wir fuehlten uns leicht an den Februar erinnert, dem  wir doch vor drei Monaten nicht zuletzt aus Kaeltegruenden den Ruecken zugekehrt hatten! Salta ist aber nun ein sehr huebsches kleines Staedtchen und so verziehen wir ihm die naechtlichen Temperaturausrutscher.
Wenn ich "huebsches kleines Staedtchen" sage, meine ich genau das: Ein ordentlich aufgeraeumtes Kleinstaedtchen, in dem schmutzige Geheimnisse hinter weiss-gestrichenen Tueren verschlossen bleiben und sich der der gute Buerger im Vorbeigehen an der praechtigen katholischen Kirche bekreuzigt.
Trotz allem verbrachten wir zwei lustige Abende mit dem Hostelpersonal und anderen Gaesten dort -viel Gitarre, viel Gesang- und mussten uns wieder klarmachen, dass auch Englisch und Franzoesisch Sprachen sind, die zur Kommunikation hilfreich sind. Wenn der Kopf nur noch auf Spanisch funktioniert, ist das nicht so sehr einfach...Nachdem wir mit dem Fahrrad die Umgebung Saltas erkundet und die 1070 Stufen des oertlichen Cerros erklommen hatten, trafen wir Diego, den Couchsurfer, der uns unser niedliches Hostel empfohlen hatte.  In einer langen und Mate-begleiteten Unterhaltung erfuhren wir so Einiges ueber den konservativen Norden Argentiniens, in dem die katholische Kirche ueber Allem steht, nur hinter vorgehaltener Hand ueber Abtreibung gesprochen wird und Demos gegen Homosexuelle an der Alltagsordnung stehen."Wir wollen einen Vater und eine Mutter, nicht zwei Vaeter oder zwei Muetter!", heisst es da. Wir wussten zwar ueber den unumstrittenen Katholismus der Argentinier Bescheid, doch keine Region, die wir bis dorthin besucht hatten, hatte diesen Glauben so verbissen vertreten wie Nordargentinien. Der Vatikan kann einpacken... Dank Diego fuhren wir mit wacheren Augen weiter gen Norden.
Nach einem Tagesausflug zu den "Termas de Reyes",die sich als mit termatischem Wasser gefuellter Swimmingpool herausstellten, machten wir uns auf den Weg nach Tilcara, wo wir mit 2451 Metern Hoehe nun endgueltig in die verlassenen Berggegenden Nordargentiniens eintraten. Nach dem ordentlichen Kleinstaedtchen Salta, war Tilcara ein ziemlicher Sprung: Das Doerfchen erinnert stark an eine Kulisse eines alten Western: staubige Strassen von Kakteen gesaeumt. Doch statt Clint Eastwood mit gezuecktem Revolver, erwartete uns ein wunderhuebsches Hostel mit entspannter Atmosphaere und Haengematte! Im Markt trafen wir durch Zufall auf Carlos, ein weiteres Couchsurfing-mitglied, das keinen Platz fuer uns hatte. Wir beschlossen gemeinsam am Abend in unserer Hospedaje zu kochen. Das was als einfacher Kochabend begann endete in einer peña -Folklore-Gesang mit Gitarrre und des Musikers Benzin, Wein - an der fast alle Hostelbewohner teilnahmen und dank der Liedtexte, die unter die Menge gemischt wurden konnte auch jeder mehr oder weniger gut mitsingen...Da kam unter den Argentiniern fuehlbare Nostalgie auf! Am naechsten Tag noch halb verschlafen und durchgefroren machten sich Hanni und Nanni mit Rosita, Carlos und einem ulkigen Italiener, dessen Name mir leider entfallen ist, auf den Weg in eine Schule mitten im Nirgendwo, will heissen: Zwischen aufragenden Bergwaenden und 5 Kilometer von jedem Dorf entfernt. Dort angekommen, spielten wir mit den Kindern Musik, wie "2 kleine Woelfe" und "Haenschenklein" und lernten selbst auch einige argentinische Kinderlieder kennen, wie "el sapo", "el lobo" und "chuchu". Gegen Ende wurden wir beim Fangenspielen nach allen Regeln der Kunst abgeklatscht und machten uns nach einem grossen und vor allem lauten Abschied auf den Rueckweg. Nach einem Tagesauflug nach Purmamarca, in die Siebenfarbenschlucht, die ihren Namen verdient (!!!), ging es am Abend weiter nach Humahuaca. Nun tief in den Anden, begann die Hoehe langsam Auswirkungen auf Bewegung und Atmung zu haben...alles funktionierte laaangsam und mit tiiieeeefen Atemzuegen. Tja, wir Hamburger Fischkoeppe sind die Hoehenmeter eben nicht gewoehnt. Da uns Humahuaca als kleines Andendoerfchen noch nicht einsam genug war, rannten wir morgens den Weg vom Hostel bis zum Busterminal -das seinen Namen nicht verdient- um die 3 stuendige, sehr ruckelige Busfahrt in das Bergdoerfchen Iruya anzutreten. In Iruya hat das Leben keine Uhrzeiten. Wenn man Hunger hat, dann isst man, wenn die Sonne untergeht ist Nacht und der Bus kommt, wenn der Bus kommt. Doch man moechte die Zeit die man dort verbringt auch am liebsten einfrieren so wenig kommt man aus dem Staunen heraus: Das kleine Dorf schmiegt sich an in allen Farben schillernde Bergwaende, die bis hinunter an ein maechtiges Flussbett  reichen, durch das sich im Winter lediglich ein kleines Baechlein wie eine glitzernde Silberschlange windet. Hier spielen Kinder noch mit alten Reifen und Die Kaufmannslaedchen machen den lieben langen Tag Siesta. Nach einem Tag der Farben, Sonne und des Flussrauschens trafen wir in unserer kleinen Familienhospedaje auf eine unglaubliche Truppe an Reisenden, begannen jonglieren zu lernen und setzten uns abends zum essen zu 30igst im Kreis auf den Boden um gemeinsam zu essen. Am naechsten Tag ging es zurueck nach Humahuaca um Sachen zu packen und Argentinien entgueltig den Ruecken zu kehren. In den zwei Stunden, die wir mit dem Grenzuebergang verbrachten, sehnten wir uns bereits nach dem so sehr liebgewonnenen und auch selbst angeeigneten Porteño-Akzent zurueck...ab jetzt sollte es anstatt "cuchischo" und "casche" wohl wieder "cuchillo" und "calle" heissen.
Don't cry for me, Argentina !

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